Stärke die Verbindung
zu deinem Kind
6 Tricks für Eltern - Wie du dein Kind dazu bringst, dir zuzuhören
Schön, dass du da bist!
Ich zeige Eltern und pädagogischen Fachkräften, wie sie Kinder bedürfnisorientiert begleiten.
Ohne Machtkampf, Manipulation & Angst.
Du willst Kinder wertschätzend begleiten und Frust deutlich minimieren?
Hol dir hier die Checkliste der 7 Bedürfnisse, die bei Kindern fast immer unerfüllt sind und unweigerlich zu Frust führen.
6 Tricks für Eltern – Wie du dein Kind dazu bringst, dir zuzuhören (ein Gastbeitrag von Michael Taube)
Hält sich dein Kind manchmal die Ohren zu, schreit oder läuft weg, wenn du ihm etwas Wichtiges sagen willst?
Möchtest du dein Kind in diesen Momenten endlich erreichen, mit dem, was du zusagen hast?
Dein Kind hört dir also nicht zu und es ist nicht bereit zu kooperieren. Egal, was du sagst, es verschließt sich und macht auf keinen Fall das, was du von ihm möchtest.
Lass mich dir helfen und zeigen, wie es dir gelingen wird, dein Kind zu erreichen.
Mein Name ist Michael Taube, ich bin Trainer für wertschätzende und gewaltfreie Kommunikation, habe in Kindergärten und Schulen gearbeitet und bin Vater von zwei Söhnen.
Bevor ich dir eine klare Anleitung gebe, lass mich dir kurz eine Geschichte erzählen.
Streit nach dem Abendessen
Frederik (7) und ich stehen nach dem Abendessen dicht nebeneinander in unserer Küche. Ich möchte, dass er mir hilft den Tisch von unserer Terrasse abzuräumen. Er sträubt sich und will vorher noch etwas anderes machen.
Kennst du bestimmt, oder?
Ich argumentiere, dass ich das dreckige Geschirr jetzt brauche und ich schon einmal abwaschen kann, wenn er es mir bringt. Sein Lego kann er doch auch noch später holen.
Klingt doch logisch, oder nicht?
Tja, mit logischen Argumenten kommt man bei einem 7-Jährigen nicht unbedingt weit.
Er will immer noch nicht und wir fangen an zu diskutieren.
Ich rede auf ihn ein, doch er hat schon längst dicht gemacht und will mir nicht mehr zuhören.
Er hält sich die Ohren zu und ruft irgendwann dazwischen:
“Du unterbrichst mich andauernd, wenn ich dir was sagen will.”
Der Satz hat gesessen.
Er erreicht mich und ich halte endlich mal die Klappe. Ich, sein Vater und Trainer für wertschätzende und gewaltfreie Kommunikation. 😂
Ich drücke innerlich auf Stopp und nehme wahr, wie aufgebracht ich bin.
Ich atme einmal tief durch.
Und noch einmal.
Und noch ein drittes Mal, weil es mir so guttut.
“Dass ich dich unterbreche, ärgert dich, weil dir wichtig ist, dass dir auch mal zugehört wird?”, sage ich ganz ruhig zu ihm.
“Ja.”
“Okay, dann sag’ mir, was du zusagen hast und ich höre zu, ohne dich zu unterbrechen.”
Frederik schaut mich an.
“Ich hab’ vergessen, was ich sagen wollte.”
Wir lachen beide.
Ich sage ihm, dass ich es bedauere, dass ich so hitzig mit ihm gesprochen habe und nehme ihn in den Arm. Wir fühlen uns wieder verbunden und das fühlt sich ganz leicht an.
Ich frage ihn: “Wollen wir zusammen deine Lego-Raketen holen und danach bringst du mir das Geschirr vom Tisch?”
“Ja”, ruft er und wir laufen gemeinsam los.
Der Abwasch kann auch noch drei Minuten warten.
Grundsätzliches zur Kommunikation mit Kindern
Auch wenn ich selbst Erzieher gelernt habe, bin ich fest der Überzeugung, dass Kinder keine Erziehung brauchen. Kinder kopieren das Verhalten von uns Erwachsenen und wenn wir Ihnen empathisch zuhören, dann hören auch sie uns empathisch zu.
Sicherlich können wir durch unsere Macht Kinder dazu bringen, uns zuzuhören und klein beizugeben, aber dafür werden wir später bezahlen.
Wenn du Kritik/Bedenken am Verhalten deines Kindes hast und möchtest, dass dieses Verhalten sich ändert, dann gib deinem Kind zuerst Empathie für dieses Verhalten.
Wenn wir mit Kindern kommunizieren sind erst einmal grundsätzlich wir Erwachsenen in der Verantwortung zuzuhören und Empathie zu geben, bevor wir Empathie von unseren Kindern bekommen können.
Von dieser Regel gibt es natürlich auch eine Ausnahme, doch darauf komme ich gleich noch zurück.
Überprüfe deine Absicht
Frage dich: Warum willst du gewaltfrei mit deinen Kindern kommunizieren?
Aus Interesse an ihren Bedürfnissen und einer gleichwertigen Beziehung oder weil du hoffst, dass sie dann das tun, was du ihnen sagst?
Wenn du Gewaltfreie Kommunikation nur als Methode anwenden willst, damit deine Kinder dir zuhören und das tun, was du willst, dann wird sie niemals für dich funktionieren.
Vielleicht schaffst du es, mit der GFK deine Kinder zu manipulieren. Letztlich wirst du jedoch keine erfüllende Beziehung zu ihnen aufbauen.
An dieser Stelle möchte ich eines meiner liebsten Zitate von Marshall Rosenberg mit dir teilen, weil er darin das Ziel der GFK sehr klar benennt.
>> Wenn dir dieses Zitat gefällt, dann schau dir unbedingt meine Marshall Rosenberg Zitate Sammlung an. <<
Mach Gewaltfreie Kommunikation authentisch und greifbar
Wenn du versuchst gewaltfrei mit deinem Kind zu sprechen, dann verwende Worte, die dein Kind kennt und die es selbst benutzt.
Aus “genervt”, wird dann zum Beispiel “das kotzt dich richtig an” (natürlich nur, wenn dein Kind so spricht) und “Rücksichtnahme” wird zu “Ist dir wichtig, dass deine Bedürfnisse und die der anderen wichtig sind?”
In meinem Artikel 6 praktische Beispiele für Wertschätzende Kommunikation: Bewusst die richtigen Worte finden zeige ich dir anhand von sechs Alltagssituationen, wie du mit GFK authentisch bleibst.
Die Ausnahme von der Regel
Wie ich weiter oben schon geschrieben habe, sind wir Erwachsenen in erster Linie in Verantwortung unseren Kindern gegenüber Empathie zu geben.
Auf der anderen Seite nützt es nichts, wenn du wütend bist und dann versuchst empathisch zu sein.
Das ist nicht authentisch und dein Kind wird das schnell merken.
Wenn dir also danach ist zu schreien, dann schrei gewaltfrei.
Zum Beispiel so:
“Stopp! Wenn du mich haust, dann tut mir das weh. Mir ist wichtig, dass wir uns miteinander wohlfühlen. Was passt dir gerade nicht?”
Kommen wir jetzt zu den wesentlichen Schritten dafür, damit dein Kind dir zuhört.
6 Tricks für Eltern: Was sind die Schritte dafür, dass dein Kind dir zuhört?
Hier einmal eine schnelle Kurzübersicht. Im Anschluss daran gehe ich auf jeden Punkt genauer ein.
- Innerlich auf Stopp drücken und durchatmen
- Deine Haltung auf Verbindung ausrichten
- Dir still Selbstempathie geben
- Dich in dein Kind hineinversetzen
- Deinem Kind Empathie geben
- Dich mitteilen und in den Austausch gehen
#1 Innerlich auf Stopp drücken und durchatmen
Ihr schreit einander an und seid im Stress?
Dann braucht ihr vorwiegend eins – RUHE.
Denn in der Ruhe liegt die Kraft.
Tiefes Atmen hilft dir dabei wieder klar zu denken, da mehr Sauerstoff dem Gehirn zur Verfügung steht. Dadurch, dass du innerlich auf Stopp drückst und durchatmest, übernimmst du, dein kognitives Gehirn, wieder die Kontrolle.
“Unsere Fähigkeit, frei zu entscheiden, liegt in dem Raum zwischen Reiz und Reaktion.” Viktor Frankl
#2 Deine Haltung auf Verbindung ausrichten
Bei Stress, Wut und Ärger bist du nicht an Verbindung interessiert, sondern daran recht zu haben und dass alles so läuft, wie du es willst. Es geht nur um dich und deine Bedürfnisse bzw. Strategien, denn hättest du deine Bedürfnisse im Blick, wärst du weniger gestresst und würdest sie anders kommunizieren.
Ist doch so, oder?
Du kannst deine Intention überprüfen und ändern, indem du dir die folgenden Fragen stellst:
- Möchtest du, dass dein Kind später so mit dir redet, wie du es gerade mit ihm machst?
- Möchtest du, dass dein Kind dir zuhört (und macht, was du sagst), weil du mit deinen Bedürfnissen für dein Kind wichtig bist oder weil es Angst vor dir und deinen Konsequenzen hat?
#3 Dir still Selbstempathie geben
In der GFK gehen wir davon aus, dass wir selbst Empathie brauchen, bevor wir Empathie geben können. Das bedeutet, du bist in der Verantwortung deinem Sohn/deiner Tochter zuerst Empathie zu geben, bevor er/sie bereit ist auf dich einzugehen (nicht immer, doch meistens ist das der Fall).
Um deinem Kind diese Empathie geben zu können, brauchst du jedoch erst einmal Empathie für dich selbst.
Um dir selbst Empathie zu geben, atmest du tief durch und fragst dich:
- Was habe ich gesehen/gehört?
- Wie geht es mir damit?
- Welches Bedürfnis ist bei mir dadurch nicht erfüllt?
- Was kann ich selbst oder mein Kind für mich tun, damit sich dieses Bedürfnis erfüllt?
Nicht jede Situation erfordert diese Form der Selbstempathie. Meistens reicht es schon aus, ein, zwei oder dreimal tief durchzuatmen. Doch Selbstempathie ist die Voraussetzung dafür, um empathisch aufnehmen zu können.
#4 Dich in dein Kind hineinversetzen
Nachdem du dir selbst Empathie gegeben hast, versetzt du dich in die Lage deines Kindes.
Frage dich:
- Wie fühlt er/sie sich wohl mit dem, was gerade passiert ist?
- Welche Bedürfnisse sind bei ihr/ihm gerade unerfüllt?
Wenn dein Kind dir nicht zuhören will und sich etwa die Ohren zuhält und auch noch laut schreit, um auf keinen Fall zu hören, was du ihm zusagen hast, warum macht es das?
Um dich zu ärgern?
Nein.
Welche guten Gründe wird dein Kind haben, um sich so zu verhalten?
Dein Kind will nicht hören, was du ihm zusagen hast, weil es in der Vergangenheit von dir mehrfach verurteilt, bestraft und ausgeschimpft wurde.
Sich die Ohren zu halten, schreien oder weglaufen ist für dein Kind momentan die beste Strategie, um sich selbst zu schützen und seine Grenzen zu wahren.
Nur wenn du es schaffst, die guten Gründe (die Bedürfnisse) hinter dem Verhalten deines Kindes zu sehen, kannst du ihm mit Empathie begegnen.
Solange du urteilst, wirst du keine empathische Verbindung aufbauen können.
Dich wirklich in die Lage deines Kindes zu begeben und ihm eine gute Absicht für sein Verhalten zu unterstellen ist die Voraussetzung dafür, dass Wertschätzende Kommunikation funktioniert.
#5 Deinem Kind Empathie geben
Nachdem du dir selbst Empathie gegeben hast und dir klar ist, dass dein Kind dieses Verhalten nicht zeigt, um dich zu ärgern, kannst du versuchen, ihm Einfühlung zu geben.
Ganz wichtig: Wenn dein Kind dir klare Zeichen dafür gibt, dass es gerade Raum für sich braucht, dann gib ihm diesen. Du kannst es dann ansprechen, sobald Ruhe eingekehrt ist oder es von allein auf dich zukommt.
Um deinem Kind Empathie zu geben, verbalisiert du seine Gefühle und Bedürfnisse.
Je nach Situation klingt es dann etwas anders.
Hier einige Beispiele:
- “Bist du gerade verärgert und willst erst einmal allein sein?”
- “Hast du Angst bekommen, als ich so laut wurde?”
- “Bist du sauer, weil du auch einmal zu Wort kommen möchtest?
- “Dass ich dich so angeschrien habe, hat dich ganz schön erschrocken, oder? Ist dir wichtig, dass wir ruhig und ohne zu schreien, miteinander reden?”
Manchmal sind auch gar keine Worte erforderlich und es kann reichen, wenn du deinem Kind nonverbal Empathie gibst.
Entweder durch Schweigen, Handauflegen, es in den Arm nehmen oder ihm durch eine Geste zu zeigen, dass du bereit bist, den Mund zu halten und zuzuhören.
Wenn dein Kind sich dir gegenüber wieder öffnet und erzählt, was in ihm lebendig ist, dann wertschätze das durch aktives Zuhören und paraphrasieren.
Bevor du dann dazu übergehst, dich aufrichtig mitzuteilen, stellst du deinem Kind zwei Fragen:
- Was möchtest du noch dazu sagen?
- Würdest du einmal hören, wie es mir geht?
Warte nach der ersten Frage, die Antwort deines Kindes ab.
Und höre aufmerksam zu, wenn erforderlich.
Wenn dein Kind bereit ist zu hören, wie es dir geht, teile dich aufrichtig selbst mit, ohne in irgendeiner Form zu bewerten.
#6 Dich mitteilen und in den Austausch gehen
Erst, wenn dein Kind vollständig gehört wurde und es bereit ist, dich anzuhören, kannst du dich ihm mitteilen.
Greife dazu auf die vier Schritte für Gewaltfreie Kommunikation zurück.
Sage, was du gesehen/gehört hast, wie du dich damit fühlst und was du brauchst. Zum Schluss fragst du dein Kind, ob es dir sagen kann, was es gehört hat.
“Ich habe gesehen, wie du deinen kleinen Bruder geschubst hast und ich bin darüber immer noch sauer, weil mir wichtig ist, dass es allen gut geht. Würdest mir sagen, was du gerade gehört hast?”
Wenn dein Kind dir deine Bitte erfüllt und jeder von euch ausreichend gehört wurde, könnt ihr eure Verbindung feiern.
Eure Verbindung feiern
Feiert eure Verbindung, indem ihr euch in den Arm nehmt, du deinem Kind sagst, wie lieb du es hast. Sag deinem Kind, wie gut es sich für dich anfühlt, wenn ihr so miteinander redet und wenn ihr miteinander verbunden seid.
Was meinst du: Wird es dir mit diesen Schritten leichter fallen, dein Kind mit deinen Worten zu erreichen und eine einfühlsame Verbindung aufzubauen?
Ich wünsche dir gutes Gelingen und eine wunderbare Zeit mit deinem Kind.
Michael Taube
Michael Taube ist Blogger und Trainer für wertschätzende und gewaltfreie Kommunikation, hilft Menschen dabei bewusster zu kommunizieren, damit sie glückliche Beziehungen leben. Auf seinem Blog www.michael-taube.com findest du praktische Impulse für ein wertschätzendes Miteinander.